Macht es den Kinder schwer! Kindergesicherte Verpackungen für Arzneimittel

PackReport 12-2006

Kindergesicherte Verpackungen für Arzneimittel

Kaum ein Thema in der Verpackungsbranche ist so emotional aufgeladen wie die Sicherheit von chemischen oder pharmazeutischen Produktverpackungen vor sorglosen, neugierigen Kindern. Nur ein nach DIN EN 45011 als Zertifizierungsstelle für kindergesicherte Verpackungen akkreditiertes Institut darf die Konformität mit den Normen nach erfolgreich durchgeführtem Prüfverfahren bestätigen. 

Aufgrund unterschiedlicher bestehender Gesetzgebungen müssen bestimmte Arzneimittel in vielen Ländern kindergesichert verpackt werden. Die sich international teilweise stark in der Art der zu verpackenden Medikamente unterscheidenden rechtlichen Grundlagen haben dabei eine Gemeinsamkeit. Sie enthalten alle definierte Anforderungen, welche an die Verpackungen gestellt werden um deren kindersichere Wirkungsweise sicherzustellen. So bestehen international anerkannte Normen für kindergesicherte Verpackungen, welche deren Eigenschaften beschreiben und Verfahren zur Überprüfung der kindergesicherten Funktionsweise festlegen. Verpackungshersteller und Unternehmen der pharmazeutischen Industrie weisen die Konformität ihrer Verpackungen mit den Normen für kindergesicherte Verpackungen durch ein Zertifikat nach. Lediglich ein nach DIN EN 45011 als Zertifizierungsstelle für kindergesicherte Verpackungen akkreditiertes Institut ist berechtigt, die Konformität mit den Normen nach erfolgreicher Durchführung des Prüfverfahrens mit der Vergabe eines Zertifikates zu bestätigen. 

Gefahr für die Gesundheit von Kleinkindern

Kindergesicherte Verpackungen werden eingesetzt, um zu verhindern, dass Kleinkinder mit dem gesundheitsgefährdenden Inhalt der Verpackung ungehindert in Kontakt gelangen können. Gerade im Bereich der Arzneimittel erhält der Einsatz kindergesicherter Verpackungen eine besondere Bedeutung. Die gesundheitlichen Auswirkung gen bestimmter Wirkstoffe können bei unkontrollierter Einnahme lebensbedrohlich werden. Zudem lässt sich immer wieder beobachten, dass es für Kleinkinder relativ leicht ist, mit Medikamentenverpackungen im Haushalt der Eltern oder bei Verwandten in Kontakt zu geraten, wenn diese im Bad oder Schlafzimmer verhältnismäßig frei zugänglich sind. So lässt sich erklären, dass ein Großteil der Vergiftungsunfälle von Kleinkindern auf den ungewollten und ungehinderten Kontakt mit Arzneimitteln zurückzuführen ist. Der vermehrte Einsatz qualitativ hoch hochwertiger kindergesicherter Verpackungen bietet eine viel versprechende Möglichkeit, diesem Problem in verantwortungsvoller Weise zu begegnen. Für pharmazeutische Produkte sind unterschiedliche kindergesicherte Verpackungstypen bekannt. Diese verfügen in der Regel entweder über ein für Kleinkinder schwierig zu öffnendes Material oder über einen „Trick“ beim Öffnungsvorgang. Am bekanntesten sind dabei Verpackungen mit Verschlüssen, die sich durch gleichzeitiges Drücken und Drehen öffnen lassen sowie Blisterverpackungen mit Öffnungssicherungen oder sehr stabilen und dabei gleichzeitig flexiblen Deckfolien. Da das bloße Vorhandensein einer Öffnungssicherung an einer Verpackung noch keinen hinreichenden Beleg für deren einwandfreie kindergesicherte Funktion darstellt, wurden unterschiedliche nationale und internationale Normen verfasst, die Prüfverfahren beschreiben um die kindergesicherte Funktion einer Verpackung zu gewährleisten. Diese Normen sind in der Europäischen Union insbesondere die ISO 8317 (2003) für wiederverschließbare kindergesicherte Verpackungen und die DIN EN 14375 (2004) für nicht wiederverschließbare kindergesicherte Verpackungen für pharmazeutische Produkte. Diese Normen stellen Qualitätsstandards für kindergesicherte Verpackungen und gleichzeitig die einzige allgemein akzeptierte Möglichkeit dar, die beabsichtigte Funktion der Verpackung belegen zu können. Qualitative Überprüfung der kindergesicherten und seniorengerechten Funktion: Grundlage der in den Normen beschriebenen Prüfverfahren bildet jeweils ein zweimal fünfminütiger Test mit Kleinkindern im Alter zwischen 42 und 51 Monaten (vor und nach einmaliger Demonstration der Öffnung) bei dem diese versuchen, die Verpackung zu öffnen. 

Im Vergleich zu gefährlichen Haushaltschemikalien gibt es für Arzneimittel in der Europäischen Union leider noch keine einheitlichen Bestimmungen für den Einsatz von kindergesicherten Verpackungen

Um die Anforderungen der Norm innerhalb des Kindertest zu erfüllen, dürfen während der ersten fünf Minuten höchstens 15 Prozent einer Testgruppe von bis zu 200 Kindern in der Lage sein, die Verpackung zu öffnen. Für die volle Testdauer von 10 Minuten gilt eine Öffnungsquote von maximal 20 Prozent der teilnehmenden Kinder. Demgegenüber müssen 90 Prozent einer Testgruppe von 100 Erwachsenen im Alter zwischen 50 und 70 Jahren in der Lage sein, die Verpackung in einer vorgegebenen Zeit zu öffnen und ggf. wieder richtig zu verschließen. Während das Öffnen einer wiederverschließbaren Verpackung im Rahmen der Prüfungen nach ISO 8317 keiner besonderen Erläuterung bedarf, gilt eine Blisterverpackung bei der Überprüfung nach DIN EN 14375 im Rahmen der Tests mit Kindern erst nach der Entnahme bzw. beim Erreichen des Inhaltes von mehr als acht Einheiten als geöffnet. Sofern die Verpackung nicht über mehr als acht Einheiten verfügt, da der Blister z.B. nur vier Kavitäten besitzt oder es sich um einen Stickpack handelt, wird den Kindern die notwendige Anzahl von Verpackungen während des Tests zur Verfügung gestellt, um mindestens zehn Einheiten öffnen bzw. entnehmen zu können. Die Prüfungen entsprechend der Normen für kindergesicherte Verpackungen werden durch Institute durchgeführt, die dem Standard DIN EN 45011als Zertifizierungsstellen entsprechen und daher berechtigt sind, die Konformität der Verpackung in Form eines Zertifikates zu bestätigen. 

Verbindlicher Einsatz für pharmazeutische Produkte

In Deutschland und international bestehen gesetzliche Bestimmungen, welche den Einsatz von kindergesicherten Verpackungen für Arzneimittel, von denen ein gewisses Gefährdungspotential für die Gesundheit von Kleinkindern ausgeht, verbindlich vorschreiben. So wurde nach § 28 Arzneimittelgesetz in Deutschland der obersten Bundesbehörde die Möglichkeit eingeräumt, Anordnungen zu erlassen, nach denen Arzneimittel kindergesichert zu verpacken sind. Auf dieser Grundlage bestehen Bestimmungen, nach denen Arzneimittel mit bestimmten Wirkstoffen (z.B. Acetylsalicylsäure, Ibuprofen, Paracetamol, etc.) in Deutschland in vielen Fällen nur in kindergesicherten Verpackungen vertrieben werden dürfen. Die unter diese Regelungen fallenden pharmazeutischen Produkte müssen im Falle der wiederverschließbaren Verpackungen der Norm ISO 8317 und im Falle der nicht wiederverschließbaren Verpackungen der Norm DIN EN 14375 (früher DIN 55559) entsprechen. Im Vergleich zu gefährlichen Haushaltschemikalien gibt es für Arzneimittel in der Europäischen Union leider noch keine einheitlichen Bestimmungen, welche den Einsatz von kindergesicherten Verpackungen verbindlich und einheitlich vorschreiben. So gibt es in einigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ähnliche und abweichende Regelungen wie in Deutschland, während diese in anderen fehlen. Aus diesem Grund ist der breite Einsatz von zertifizierten kindergesicherten Verpackungen für international tätige Pharmaunternehmen besonders wichtig. 

Barrieren auf dem Weg zur Kindersicherheit

Nur auf diese Weise lässt sich sicherstellen, dass die vertriebenen Produkte den jeweiligen landesspezifischen Gesetzgebungen entsprechen und die notwendige Rechtssicherheit im Falle von Unfällen und Schadensersatzforderungen erreicht wird. Trotz der Unterschiede in den gesetzlichen Grundlagen in Bezug auf die Art der Arzneimittel und deren Wirkstoffe , so besteht doch eine einheitliche Anerkennung der Standards für kindergesicherte kindergesicherte Verpackungen für den Bereich der pharmazeutischen Produkte mit der ISO 8317 und der DIN EN 14375. Bei dem Versuch eine verbesserte Sicherheit für das Leben und die Gesundheit von Kleinkindern durch Normen, Gesetze und Selbstverpflichtungen der Industrie zu schaffen, existiert eine Vielzahl von Barrieren, die der Sicherheit von Kindern entgegen stehen. Mit Bedauern lassen sich Unwissen und Desinteresse immer wieder bei einigen beteiligten Verantwortlichen feststellen. So gibt es immer wieder Fälle von Unternehmen, die ihre vermeintlich kindersicheren Verpackungen vertreiben, ohne dass diese jemals eine Prüfung und Zertifizierung der gewünschten Funktionsfähigkeit durchlaufen haben. Gerade im Bereich der Blisterverpackungen lassen sich immer wieder erschreckende Auffassungen feststellen, wenn davon ausgegangen wird, dass diese grundsätzlich als sicher in Bezug auf Öffnungen durch Kleinkinder einzustufen seien. Ebenso falsch ist die Vorstellung, dass eine Deckfolie, die für den Aufbau eines Blisters verwendet wird als kindergesichert zertifizierfähig wäre. Ein Zertifikat nach DIN EN 14375 kann sinnvoll nur für eine vollständige Verpackung und nicht für einzelne Komponenten bestehen. Die kindergesicherte Funktionsweise einer Blisterverpackung ergibt sich schließlich durch das Zusammenspiel vieler Faktoren, bei der die Eigenschaften der Deckfolie (Material, Festigkeit, Flexibilität, etc.), der Formfolie (Material, Form der Kavitäten, etc.) und weitere Einflüsse, wie z.B. das Vorhandensein einer Perforation zusammenwirken. Darüber hinaus beeinflussen auch die Eigenschaften der verpackten Tabletten oder Pillen die kindergesicherte Funktion. Ebenfalls stellt Definition einer „Öffnung“ als Entnahme von mehr als acht Einheiten eine Schwachstelle der Norm DIN EN 14375 auf dem Weg zur Sicherheit von Kleinkindern dar, da Arzneimittel existieren, bei denen bereits die versehentliche Einnahme einer Tablette zu verheerenden gesundheitlichen Schäden führen kann. Ganz anders sind die hierbei vergleichbaren Regelungen in den Vereinigten Staaten, in denen per Gesetz sowohl vorgeschrieben ist (vgl. US 16 CFR § 1700.20), dass verschreibungspflichtige Arzneimittel bis auf einige Ausnahmen kindergesichert zu verpacken sind und dass die Definition der Öffnung einer Blisterverpackung an die Dosis gebunden ist, ab der Kleinkinder gesundheitliche Schäden erleiden können. 

Proaktives Handeln im Sinne der Kindersicherheit  

Pharmaunternehmen und Verpackungshersteller sind aufgefordert, im Sinne der Sicherheit von Kleinkindern dem Thema rund um den Einsatz kindergesicherter Verpackungen verantwortungsvoll zu begegnen. Es existieren viele konstruktive Ansätze, deren rechtzeitige Berücksichtigung zu dem gewünschten Erfolg führen kann, sowohl für wiederverschließbare als auch für nicht wiederverschließbare Verpackungen. Um die korrekte Funktionsweise einer zu entwickelnden Verpackung zu gewährleisten ist es ratsam sich bereits frühzeitig mit dem Thema Prüfung und Zertifizierung der kindergesicherten Verpackungen auseinanderzusetzten. Auf diese Weise lassen sich technische Ansätze optimieren oder auch Varianten ausschließen bevor diese eine fortgeschrittene Entwicklung erreicht haben. Bestehende Fragen rund um das Thema kindergesicherte Verpackungen werden durch das ivm Institut VerpackungsMarktforschung beantwortet, welches seit den 1970er Jahren Erfahrungen mit der Entwicklung und Zertifizierung von kindergesicherten Verpackungen besitzt. Das ivm ist nach DIN EN 45011 als Zertifizierungsstelle für kindergesicherte Verpackungen akkreditiert.


www.ivm-childsafe.de
Autor Dr. Rolf Abelmann
 

Schnell geöffnet, aber kindersicher! Arzneimittelverpackungen

Apotheken Umschau 11-2006

Arzneimittelverpackungen
Innovative Verschlüsse sollen Kleinkindern den Zugriff auf Medikamente erschweren

Für Kinder sehen sie aus wie bunte Smarties, weiße Zuckerbonbons oder süßer Fruchtsirup –  in Wirklichkeit sind es Arzneidragees, Tabletten oder Hustensäfte. Das birgt Gefahren. Experten schätzen, dass 60 Prozent der jährlich etwa 200000 Vergiftungsunfälle bei Kindern auf Medikamente zurückzuführen sind. „Am häufigsten sind Vergiftungen mit Psychopharmaka, Schmerz- und Beruhigungsmitteln“, sagt Professor Michael Lentze, Leiter der Informationszentrale gegen Vergiftungen der Universität Bonn, „ gefolgt von Hustenblockern und Blutdrucksenkern.“ Am meisten gefährdet sind Kleinkinder, die ihre Umwelt gern durch Lutschen und Kauen erkunden und vieles in den Mund stecken. Kinderärzte in den USA forderten bereits vor 50 Jahren, die Zahl der Tabletten pro Packung stärker zu begrenzen und Verpackungen zu entwickeln, die kindlicher Neugier besser widerstehen. Heute sind kindersichere Verpackungen auch in Europa für viele Arzneistoffe vorgeschrieben – unter anderem für Schmerzmittel, Antidepressiva oder Hustenblocker. Die Verpackungsindustrie bedient sich dabei verschiedener „Tricks“: „Kleinkinder haben zum Beispiel Probleme damit, zwei verschiedene Bewegungen gleichzeitig auszuführen“; erklärt Dr. Horst Antonischki vom Institut VerpackungMarktforschung ivm in Braunschweig, „etwa einen Verschluss hinunter zudrücken und dabei zu drehen.“ Seit mehr als 30 Jahre prüft und zertifiziert Antonischki kindersichere Verpackungen nach internationalen Normen. Testpersonen sind Kinder im Alter zwischen 42 und 51 Monaten: Erst versuchen die Kleinen fünf Minuten lang alleine die Packung zu öffnen. Danach macht der Prüfer vor, wie es geht, und die Kinder probieren es erneut fünf Minuten. „Eine Packung gilt al kindersicher“, erklärt Antonischki, „ wenn vor der Demonstration mindestens 85 Prozent und danach mindestens 80 Prozent den Sicherheitsverschluss nicht öffnen konnten.“ Noch immer wird diskutiert, wie viele Tabletten den Kindern beim Öffnen höchstens in die Hände fallen dürfen. „ In Europa gilt bei festen Arzneiformen derzeit eine Grenze von acht Einheiten“, berichtet Antonischki, „ unabhängig von Dosis und Giftigkeit der Inhaltsstoffe. „Für den Verpackungsprüfer ein unhaltbarer Zustand: „Bei manchen Medikamenten ist schon eine Tablette lebensgefährlich.“ 

Intelligente Packungen fürs Gedächtnis

Die in Europa derzeit gebräuchlichsten kindersicheren Arzneimittelverpackungen sind Drück-Dreh-Verschlüsse und Blister, bei denen Tabletten, Dragees oder Kapseln einzeln in Aluminiumfolie verpackt sind. „Allerdings schneiden die Drück-Dreh-Verschlüsse in Test mit 50- bis 70 Jährigen oft schlecht ab“, sagt Antonischki. Vor allem Senioren mit Gelenkbeschwerden haben Probleme damit. Deshalb entwickelt die Verpackungsindustrie neue Varianten, die für alte Menschen besser zu handhaben sind (siehe Grafiken). „Vielversprechend sind die sogenannten Wallets“, erklärt Antonischki. Die brieftaschenähnlichen Gebilde aus den USA sind kindersicher und ermöglichen es zudem, Medikamente besser zu dosieren.“ Unterschiedliche Farben oder Symbole könnten älteren Menschen daran erinnern, wann sie welche Tablette nehmen müssen.“ Wegen ihres hohen Preises kommen Wallets in Deutschland bislang nicht zum Einsatz. „Die Überwachung der Medikamenteneinnahme bei Älteren wird aber irgendwann so teuer“, prognostiziert Antonischki, „dass sich intelligente Verpackungen auf lange Sicht durchsetzen werden.“ Letztlich könne nur der Druck der Verbraucher etwas bewirken: „Solange sich niemand für durchdachte Verpackungen interessiert, könnten wir nicht erwarten, dass die Industrie Geld dafür ausgibt.„ 

Kindersicherung als letzte Barriere

Eine preiswertere Alternative sind Blister mit kindersicherer Deckfolie. „ Eine normale Durchdrückfolie aus Aluminium ist nur 20 millionstel Meter dick und mit Heißsiegellack beschichtet“. Erklärt Elmar Maus, Mitarbeiter der Firma Alcan Packaging in Singen. „Kindersichere Folien sind dicker, haben statt des Heißsiegellacks eine PVC-Folie auf der Innenseite und halten daher größere Belastungen aus.“ 

In den USA sind bereits verschiedene Varianten auf dem Markt: Bei dem Abzieh-Drück-Blister etwa muss der Patient zunächst eine Deckfolie abschälen und die Tablette dann durch die Aluminiumfolie drücken. „ In den USA sind die Anforderungen an kindersichere Verpackungen strenger“, berichtet Maus. „Deshalb hat sich diese Version dort als besonders erfolgreich erwiesen.“ Damit sich derartige Sicherheitsfolien auch in Europa durchsetzen, müsse der Gesetzgeber zunächst strengere Richtlinien fordern. Hundertprozentige Sicherheit können und sollen kindersichere Verpackungen freilich nicht gewährleisten – schließlich müssen sie ja noch irgendwie so öffnen sein. „ Die Eltern sollen nicht aus ihrer Verantwortung entlassen werden“, betont Horst Antonischki. Nicht ohne Grund steht laut gesetzlicher Vorschrift auf jeder Packung „Arzneimittel für Kinder unzugänglich aufbewahren“. Die Kindersicherung“, so der Verpackungsprüfer, „ist nur eine letzte Barriere für den Fall, dass andere Schutzmaßnahmen nicht greifen.“

 

 

Schnell geöffnet, aber kindersicher! Arzneimittelverpackungen

Apotheken Umschau 11-2006

Arzneimittelverpackungen
Innovative Verschlüsse sollen Kleinkindern den Zugriff auf Medikamente erschweren

Für Kinder sehen sie aus wie bunte Smarties, weiße Zuckerbonbons oder süßer Fruchtsirup –  in Wirklichkeit sind es Arzneidragees, Tabletten oder Hustensäfte. Das birgt Gefahren. Experten schätzen, dass 60 Prozent der jährlich etwa 200000 Vergiftungsunfälle bei Kindern auf Medikamente zurückzuführen sind. „Am häufigsten sind Vergiftungen mit Psychopharmaka, Schmerz- und Beruhigungsmitteln“, sagt Professor Michael Lentze, Leiter der Informationszentrale gegen Vergiftungen der Universität Bonn, „ gefolgt von Hustenblockern und Blutdrucksenkern.“ Am meisten gefährdet sind Kleinkinder, die ihre Umwelt gern durch Lutschen und Kauen erkunden und vieles in den Mund stecken. Kinderärzte in den USA forderten bereits vor 50 Jahren, die Zahl der Tabletten pro Packung stärker zu begrenzen und Verpackungen zu entwickeln, die kindlicher Neugier besser widerstehen. Heute sind kindersichere Verpackungen auch in Europa für viele Arzneistoffe vorgeschrieben – unter anderem für Schmerzmittel, Antidepressiva oder Hustenblocker. Die Verpackungsindustrie bedient sich dabei verschiedener „Tricks“: „Kleinkinder haben zum Beispiel Probleme damit, zwei verschiedene Bewegungen gleichzeitig auszuführen“; erklärt Dr. Horst Antonischki vom Institut VerpackungMarktforschung ivm in Braunschweig, „etwa einen Verschluss hinunter zudrücken und dabei zu drehen.“ Seit mehr als 30 Jahre prüft und zertifiziert Antonischki kindersichere Verpackungen nach internationalen Normen. Testpersonen sind Kinder im Alter zwischen 42 und 51 Monaten: Erst versuchen die Kleinen fünf Minuten lang alleine die Packung zu öffnen. Danach macht der Prüfer vor, wie es geht, und die Kinder probieren es erneut fünf Minuten. „Eine Packung gilt al kindersicher“, erklärt Antonischki, „ wenn vor der Demonstration mindestens 85 Prozent und danach mindestens 80 Prozent den Sicherheitsverschluss nicht öffnen konnten.“ Noch immer wird diskutiert, wie viele Tabletten den Kindern beim Öffnen höchstens in die Hände fallen dürfen. „ In Europa gilt bei festen Arzneiformen derzeit eine Grenze von acht Einheiten“, berichtet Antonischki, „ unabhängig von Dosis und Giftigkeit der Inhaltsstoffe. „Für den Verpackungsprüfer ein unhaltbarer Zustand: „Bei manchen Medikamenten ist schon eine Tablette lebensgefährlich.“ 

Intelligente Packungen fürs Gedächtnis

Die in Europa derzeit gebräuchlichsten kindersicheren Arzneimittelverpackungen sind Drück-Dreh-Verschlüsse und Blister, bei denen Tabletten, Dragees oder Kapseln einzeln in Aluminiumfolie verpackt sind. „Allerdings schneiden die Drück-Dreh-Verschlüsse in Test mit 50- bis 70 Jährigen oft schlecht ab“, sagt Antonischki. Vor allem Senioren mit Gelenkbeschwerden haben Probleme damit. Deshalb entwickelt die Verpackungsindustrie neue Varianten, die für alte Menschen besser zu handhaben sind (siehe Grafiken). „Vielversprechend sind die sogenannten Wallets“, erklärt Antonischki. Die brieftaschenähnlichen Gebilde aus den USA sind kindersicher und ermöglichen es zudem, Medikamente besser zu dosieren.“ Unterschiedliche Farben oder Symbole könnten älteren Menschen daran erinnern, wann sie welche Tablette nehmen müssen.“ Wegen ihres hohen Preises kommen Wallets in Deutschland bislang nicht zum Einsatz. „Die Überwachung der Medikamenteneinnahme bei Älteren wird aber irgendwann so teuer“, prognostiziert Antonischki, „dass sich intelligente Verpackungen auf lange Sicht durchsetzen werden.“ Letztlich könne nur der Druck der Verbraucher etwas bewirken: „Solange sich niemand für durchdachte Verpackungen interessiert, könnten wir nicht erwarten, dass die Industrie Geld dafür ausgibt.„ 

Kindersicherung als letzte Barriere

Eine preiswertere Alternative sind Blister mit kindersicherer Deckfolie. „ Eine normale Durchdrückfolie aus Aluminium ist nur 20 millionstel Meter dick und mit Heißsiegellack beschichtet“. Erklärt Elmar Maus, Mitarbeiter der Firma Alcan Packaging in Singen. „Kindersichere Folien sind dicker, haben statt des Heißsiegellacks eine PVC-Folie auf der Innenseite und halten daher größere Belastungen aus.“ 

In den USA sind bereits verschiedene Varianten auf dem Markt: Bei dem Abzieh-Drück-Blister etwa muss der Patient zunächst eine Deckfolie abschälen und die Tablette dann durch die Aluminiumfolie drücken. „ In den USA sind die Anforderungen an kindersichere Verpackungen strenger“, berichtet Maus. „Deshalb hat sich diese Version dort als besonders erfolgreich erwiesen.“ Damit sich derartige Sicherheitsfolien auch in Europa durchsetzen, müsse der Gesetzgeber zunächst strengere Richtlinien fordern. Hundertprozentige Sicherheit können und sollen kindersichere Verpackungen freilich nicht gewährleisten – schließlich müssen sie ja noch irgendwie so öffnen sein. „ Die Eltern sollen nicht aus ihrer Verantwortung entlassen werden“, betont Horst Antonischki. Nicht ohne Grund steht laut gesetzlicher Vorschrift auf jeder Packung „Arzneimittel für Kinder unzugänglich aufbewahren“. Die Kindersicherung“, so der Verpackungsprüfer, „ist nur eine letzte Barriere für den Fall, dass andere Schutzmaßnahmen nicht greifen.“

 

 

Schutz für ein ganzes Leben?

neue verpackung 10-2006

Kindersicherheit bei langer Nutzung | Tatort Baumarkt: Mit kritischem Blick betrachtet der
Mitarbeiter des Gewerbeaufsichtsamtes die Packungen im Regal. Wahllos entnimmt er einige
Gebinde. Ein kräftiger, aber nicht überstarker Dreh am Verschluss und die Packung ist offen. Zweiter Versuch mit einem neuen Gebinde, das Ergebnis bestätigt sich, der dritte bis achte Versuch ebenso.
_____________

Dr. Horst Antonischki Geschäftsführer des Institut VerpackungsMarktforschung GmbH,
Gifhorn (akkreditierte Zertifizierungsstelle), Autor des Fachbuches: Kindergesicherte und
seniorengerechte Verpackungen, Verlag Hüthig. (www.ivm-childsafe.de)1)


Der Marktleiter eilt herbei. Der Mann vom Gewerbeaufsichtsamt teilt ihm mit: „Packungen mit diesem Inhalt müssen laut Zubereitungsrichtlinie (1999/45/EG – Einstufung, sowie – 67/548/EWG, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe) in kindergesicherten Verpackungen in den Verkehr gebracht werden. Diese hier sind nicht kindersicher, sie lassen sich einfach aufdrehen. Die Ware muss sofort aus dem Regal entfernt werden.“ Aufregung, Verwirrung, Protest, Widerspruch. Nach einem Telefonat mit dem Abfüller sagt der Marktleiter: „ Die Packung ist ordnungsgemäß zertifiziert, hier die Urkunde eines renommierten Zertifizierungsinstituts“. Wortlos studiert der Mitarbeiter des Gewerbeaufsichtsamtes das Fax mit der Urkunde. In der Tat, alles ist korrekt. Ein Junge, etwa 10 Jahre alt kommt mit seiner Mutter vorbei. „Hallo, kannst Du mir mal helfen, mach doch mal die Flasche hier auf“, bittet der Herr vom Gewerbeaufsichtsamt.Tatsächlich schafft es der Junge, die Flasche in weniger als einer halben Minute zu öffnen. „Da, sehen Sie, selbst ein Kind kann die Packung öffnen. Die Ware muss sofort aus dem Regal.“ Nach dem Bericht des Marktleiters an den Abfüller beginnt das zweite Kapitel des Dramas. Der Abfüller wendet sich an den Verpackungshersteller, verlangt Aufklärung, droht mit Lieferantenwechsel und Schadensersatzansprüchen. Der Verpackungshersteller verweist auf das Zertifikat. Das Zertifizierungsinstitut verweist korrekt auf die Norm ISO 8317 2003 (deutsche Fassung EN DIN 8317 – 2004) und die dort festgelegte Prüfungsordnung. Während der Prüfungen wurden, wie die Norm es vorschreibt, für jede Prüfung eine frische Packung genommen, die mit einer Stichprobe direkt vom Schutz für ein ganzes Leben ? Verpackungshersteller kamen. Der Inhalt der Gebinde bestand aus Wasser. Die Ergebnisse der Prüfungen fanden in unterschiedlichen Kindergärten statt und wurden von mehreren Prüfern und Prüferinnen unabhängig voneinander durchgeführt. Das Ergebnis ist einwandfrei und bestätigt die Konformität der Packung mit der Norm. 

Packungsinhalt kann Verschluss beschädigen.

Die beanstandeten Packungen werden in einer gemeinsamen Sitzung von Abfüller, Verpacker und einem Experten des Zertifizierungsinstituts untersucht. Tatsächlich, die beanstandeten Packungen sind leicht zu öffnen. Der Widerstand der Sperrnocken ist gering. Man merkt aber auch schon vor den Öffnungsversuchen, dass mit den Verschlüssen etwas nicht stimmt. Sie wirken weich, wie aufgequollen. Der Inhalt der Packung hat den Verschluss teilweise zerstört. Im Vergleich dazu reagieren unbefüllte Packungen, auch Monate alte Referenzmuster, gut und lassen sich nur öffnen, wenn der Verschluss an den gekennzeichneten Stellen zusammengedrückt wird und gleichzeitig aufgedreht wird. Nun aber die im Raum stehenden Fragen und die Antworten darauf im Detail: Zunächst die Norm. Ohne Zertifizierung durch ein akkreditiertes Zertifizierungsinstitut darf ein Verschluss und ein dazugehöriger Behälter grundsätzlich nicht für gefährliche Güter eingesetzt werden, für die ein kindergesicherter Verschluss vorgeschrieben ist. Das Zertifikat ist Grundlage aller weiteren Schritte. Die ISO 8317– 2003 (EN DIN 8317 – 2004) schreibt zu der Frage der Nachhaltigkeit der Kindersicherheit im Punkt (Zitat) vor: „3.2 Zu prüfende Verpackungen: Vor der Prüfung wieder verschließbarer kindergesicherter Verpackungen muss sich sowohl der Hersteller als auch der Befüller davon überzeugen, dass die Lebensdauer der kindergesicherten Verpackung die in der Praxis zu erwartende Höchstzahl der Öffnungs- und Schließvorgänge überschreitet, ohne dass die Kindersicherheit in untragbarer Weise beeinträchtigt wird.“ Beide sind also verantwortlich. Allerdings in unterschiedlicher Weise. In erster Linie ist der Inverkehrbringer – also vor dem Verpackungshersteller – in der Verantwortung. Das legt die Zubereitungsrichtlinie vom 31.5.1999 in Punkt 12, Zeile 10 ff. des Vorwortes fest: Einleitung Punkt 12: „Dieses Zulassungsverfahren muss sich außerdem auf eine besondere Kontrolle der Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung jedes Produkts vor seinem Inverkehrbringen erstrecken.“ Weiter in Artikel 2 Punkt e: „Inverkehrbringen: die Bereitstellung für Dritte. Die Einfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft ist als ein Inverkehrbringen im Sinne dieser Richtlinie zu betrachten: Weiter in Artikel 9 Punkt 1.1: „Zubereitungen nach Artikel 1 Absatz 2 und dem Anhang IV unterfallende Zubereitungen nach Artikel 1 Absatz 3 nur in den Verkehr gebracht werden können, wenn ihre Verpackung den nachstehenden Anforderungen entspricht: „Die Verpackungen müssen so hergestellt und beschaffen sein, dass der Inhalt nicht entweichen kann; dies gilt nicht, wenn besondere Sicherheitsvorrichtungen vorgeschrieben sind.“ 

Für Sie entscheidend
Recht
Die Kindersicherheit bezieht sich auf die Altersgruppe zwischen 42 und 51 Monaten. Sowohl Hersteller der Verpackung wie Abfüller müssen sich davon überzeugen, dass die Lebensdauer der kindergesicherten Verpackung die Höchstzahl der Öffnungs- und Schließvorgänge überschreitet, ohne dass die Kindersicherheit beeinträchtigt wird. Allerdings ist der Inverkehrbringer vor dem Verpackungshersteller verantwortlich. Weiter dürfen die Werkstoffe der Verpackungen und der Verschlüsse nicht so beschaffen sein, dass sie vom Inhalt angegriffen werden.


„Die Werkstoffe der Verpackungen und der Verschlüsse dürfen nicht so beschaffen sein, dass sie vom Inhalt angegriffen werden oder mit diesem zu gefährlichen Verbindungen reagieren können.“ „ Die Verpackungen und die Verschlüsse müssen in allen Teilen so fest und stark sein, dass sie sich nicht lockern und allen bei der Handhabung auftretenden Belastungen und Verformungen zuverlässig standhalten.“ „Behälter mit Verschlüssen, die nach Öffnung erneut verwendbar sind, müssen so beschaffen sein, dass die Verpackung mehrfach neu verschlossen werden kann, ohne dass der Inhalt entweichen kann.“ ( Richtlinie 1999/45/EG des Europäischen Parlaments: www.europa.eu.int/eur-lex/). Soweit die gesetzlichen Grundlagen. Aber wie kann das sicher gestellt werden, wie läuft es in der Praxis, im Alltag? 

Um Streitereien und teure Rückholaktionen zu vermeiden, empfiehlt sich eine frühzeitige Zusammenarbeit zwischen Verpackungshersteller und Abfüller.

In Regel ist es doch so, dass nur der Abfüller die Inhalte kennt, die er abfüllt. Entsprechend ist er als Inverkehrbringer ja auch verantwortlich dafür, dass die Bestimmungen der Zubereitungsrichtlinie und der Norm eingehalten werden und die Inhalte die Verpackung nicht angreifen können. Dazu muss er z. B. auch Langzeitversuche durchführen (lassen), in denen die Packungen bis zu vier Wochen im Wärmeschrank bei Temperaturen von ca. 40 Grad lagern. Wenn die Verpackung danach noch einwandfrei funktioniert, kann man mit großer Sicherheit davon ausgehen, dass sich Inhalt und Verpackung auch langfristig vertragen. Dem Verpackungshersteller obliegt in diesem Sinn zweifelsohne eine Sorgfalts- und Aufklärungspflicht über die Beeinflussbarkeit seiner Verpackungen durch bestimmte Inhalte. Weiter muss er sicher stellen, dass die Konstruktion des Trickverschlusses ausreichend stabil ist, um die Eigenschaft der Kindersicherheit längere Zeit zu erhalten. Ebenso ist es Pflicht des Verpackungsherstellers, dafür zu sorgen, dass die Verschlüsse und Behälter mit genau den Einstellungen der Maschinen gefertigt werden, die der Zertifizierung nach ISO 8317 zugrunde lagen. Das ist notwendig, da wegen der geringen Maße vieler Verschlüsse schon eine Veränderung von wenigen Zehntel Millimetern genügt, um die kindergesicherte Eigenschaft der Verpackung in Frage zu stellen. Nachgewiesen werden kann die Nachhaltigkeit im Zweifelsfall durch die Protokolle der Qualitätssicherung. 

Prüfungen auf Chemikalienresistenz 

Natürlich können Prüfungen auf Chemikalienresistenz auch beim Verpackungshersteller geschehen, wobei dann sinnvoller Weise verschiedene Materialien der Verpackung mit verschieden Füllgütern getestet werden, um eine akzeptable Lösung zu finden. So sind bekanntlich Verschlüsse aus weichem Niederdruckpolyethylen bei verschiedenen Stoffen sehr empfindlich. Verschlüsse aus härterem Hochdruckpolyethylen sind zwar widerstandsfähiger, aber Öle, Treibstoffe und organische Lösungsmittel oder deren Ausdünstungen, können den Kunststoff angreifen. Beim Kontakt mit einigen dieser Substanzen neigt PE je nach Dichtegrad dazu, aufzuquellen. Dabei kann es unter Belastung zu Spannungskorrosion kommen. Hartpolyethylen und noch mehr Polypropylen hingegen sind härter und wesentlich resistenter gegen Chemikalien. Auf jeden Fall besteht für den Verpackungshersteller eine eindeutige Aufklärungspflicht gegenüber den Kunden, zum Beispiel durch entsprechende Hinweise in den Verkaufsunterlagen, Prospekten usw. Da die Preise der Kunststoffe unterschiedlich sind und auch mangelnde Detailinformation über das Verhalten der Kunststoffe möglich ist, kann es geschehen, dass ein preisgünstiger, aber nicht resistenter Kunststoff den Vorzug erhält. Dadurch wäre die Kindersicherheit auf Dauer nicht gewährleistet. Um Streitereien und teure Rückholaktionen zu vermeiden, empfiehlt sich eine frühzeitige Zusammenarbeit zwischen Verpackungshersteller und Abfüller. Denn: Die Norm ISO 8317 bleibt hier leider unbestimmt. Auch das Zertifizierungsinstitut prüft, ob das zu zertifizierende Gebinde eine Langzeitsicherheit bietet. Allerdings kann dies wegen der fehlenden Präzision der Normenbestimmung nur außerhalb des geregelten Bereichs (der eigentlichen Zertifizierung) geschehen. Neben einer händischen Prüfung durch sehr erfahrene Fachleute, einer Berücksichtigung des Materials sowie der Konstruktion werden
z. B. im Institut VerpackungsMarktforschung in Braunschweig zusätzliche Öffnungen durchgeführt. Ja nach der Häufigkeit der Nutzung des Gebindes werden 20 bis 50 Öffnungen und Wiederverschlüsse exakt nach der Öffnungsanleitung vollzogen und anschließend die kindergesicherte Eigenschaft des Gebindes erneut geprüft.

Da es sich allerdings um fabrikfrische Verschlüsse handelt, wie es die ISO 8317 vorschreibt, kann ein langfristiger Einfluss des Inhaltes im Institut in diesen Tests nicht erfolgen. Hierfür stehen andere Möglichkeiten offen. Darüber hinaus werden einige Packungen mit (leichter) Kraft geöffnet, um zu prüfen, wie widerstandsfähig die Packung gegen gewaltsames Öffnen ist. Alles zusammen fließt in die Beurteilung des Verschlusses ein. Die Dokumentation erfolgt entsprechend der Norm im nicht geregelten Teil des Gutachtens. Bei kritischem Verhalten der Packung wird der Hersteller informiert und Nachbesserungen eingefordert. Dies dient dazu, es dem Verpackungshersteller zu ermöglichen, der Forderung der Norm gerecht zu werden („…(sich) davon überzeugen, dass die Lebensdauer der kindergesicherten Verpackung die in der Praxis zu erwartende Höchstzahl der Öffnungs- und Schließvorgänge überschreitet, ohne dass die Kindersicherheit in untragbarer Weise beeinträchtigt wird.“ (ISO 8317). Leider ist die Norm auch in diesem Punkt nicht sehr konkret. Immerhin können analog zu den Grenzen einer erfolgreichen Prüfung, die in der Norm gestatteten (… bis zu ) 20% Öffnungen vor und nach Demonstration als Vergleich herangezogen werden. Eine weitere Frage drängt sich auf: Kann ein Mitarbeiter des Gewerbeaufsichtsamtes überhaupt feststellen, ob das Gebinde kindersicher ist oder nicht? Hierbei kommt es stark auf die Erfahrung an, denn ein Prüfen durch Aufdrehen, auch ein gewaltsames, kann nicht für die Bestätigung oder Ablehnung des Zertifikates herangezogen werden. Eine Konformität oder Nonkonformität ergibt sich nur aus den Normenprüfungen nach ISO. Allerdings kann jemand mit Erfahrung schon ein recht gutes Urteil beim Probieren abgeben, es handelt sich aber nicht um eine bindende Aussage. Wenn aber ein Verschluss z. B. durch Aufquellen zerstört ist, kann man das häufig auch ohne erneute Prüfung leicht feststellen. Er hat also grundsätzlich das Recht und die Pflicht zur Sperrung der Produkte im Verdachtsfall. 

Kindersicherheit nur für bestimmte Altersgruppe  

Die Kindersicherheit bezieht sich auf die Altersgruppe zwischen 42 und 51 Monaten. Auch wenn ein Teil der Kinder schon über erhebliche Kräfte verfügt, entspricht das in der Regel noch nicht der Kraft, die ältere Kinder aufbringen. Ein 10-jähriges Kind (unser Beispiel) verfügt in der Regel über genügend Kraft um den größten Teil der kindergesicherte Verpackungen öffnen zu können, zumindest aber um sie zerstören zu können. Die Altersgrenzen von 42 und 52 Monaten wurde gewählt, weil die meisten Unfälle mit Kleinkindern, an denen Verpackungen beteiligt sind, unter 5 Jahren alt ist, (vergleiche Grafik).Neben der Kindersicherheit muss eine zertifizierte Verpackung aber auch seniorengerecht sein. Die Prüfungen finden mit Personen zwischen 50 und 70 Jahren statt, 70% davon weiblich. Ein Verschluss darf daher nicht schwer zu öffnen sein, sondern mit „Trick“. Es handelt sich demnach häufig um Grenzfälle, wenn das Gebinde die kindersichere Eigenschaft durch Einfluss des Inhaltes verliert. Daher ist bei derartigen Reklamationen dem Verpackungshersteller ebenso wie dem Abfüller zu empfehlen, sofort eine normengerechte Prüfung der beanstandeten Packungen durch ein akkreditiertes Zertifizierungsinstitut durchführen zu lassen, zumindest als Teiltest. Das dient der exakten Feststellung des Status in Bezug auf die Normenkonformität und kann somit entscheidend für die Behandlung von Schadensersatzforderungen und/oder Haftpflichtschäden werden. Weiterhin ist eine sorgfältige Qualitätsprüfung und Dokumentation, hier der Abgleich der Öffnungskräfte der beanstandeten mit der zertifizierten Packung, notwendig. Vor allem aber geht es hier um Gesundheit und Leben kleiner Kinder. Daher ist eine kritische Betrachtung angebracht.

Sicherheit, die keine ist?

PackReport 10-2006

Interview zum Thema „Kindersichere Verpackungen" 

Europaweite Regelungen über die Art und Weise der richtigen Verpackung mit Schutz für Kinder liegen durch die EU Richtlinien seit langem vor. Trotzdem kommt es immer wieder zu Streitigkeiten und Prozessen, weil Verpackungen von Gewerbeaufsichtsämtern als nicht kindersicher aus den Regalen des Fachhandels verbannt werden. PackReport sprach mit dem Experten Dr. Horst Antonischki aus Gifhorn. 

PackReport: Wie kann es geschehen, dass trotz EU Richtlinien und Zertifikaten nach ISO bzw. DIN, kindergesicherte Verpackungen im Handel unter Umständen keine ausreichende Schutzfunktion mehr aufweisen?

Dr. Antonischki: Verpackungen für gefährliche Produkte durchlaufen eine ganze Reihe von Prüfungen, bevor sie für den Einsatz im Handel zugelassen werden. Für Prüfungen auf Dichtigkeit, Falltests usw., ebenso wie die Prüfungen auf Kindersicherheit werden aber praktisch immer die Verpackung ohne die Inhalte geprüft, die später in diese Gebinde abgefüllt werden. Daher ist es möglich, dass insbesondere Öle, Treibstoffe oder organische Lösungsmittel oder deren Ausdünstungen den Kunststoff der Verpackung langfristig angreifen. Beim Kontakt mit einigen dieser Substanzen neigt z.B. Polyethylen je nach Dichtegrad dazu, aufzuquellen. Da die Sicherungen an den Verpackungen gegen ungewolltes Öffnen durch Kleinkinder oft nur wenige Zehntel Millimeter stark sind, kann ein so veränderter Kunststoffverschluss seine Sicherheitsfunktion verlieren, obwohl alle Prüfungen erfolgreich absolviert wurden. Europaweite Regelungen über die Art und Weise der richtigen Verpackung mit Schutz für Kinder liegen durch die EU Richtlinien seit langem vor. Trotzdem kommt es immer wieder zu Streitigkeiten und Prozessen, weil Verpackungen von Gewerbeaufsichtsämtern als nicht kindersicher aus den Regalen des Fachhandels verbannt werden.

Für das Einhalten der Richtlinien in der Frage der nachhaltigen Sicherheit ist der Inverkehrbringer eines Produkts verantwortlich.

PackReport: Sind die Richtlinien und Normen also nicht wirksam genug?

Dr. Antonischki: Das kann ich so nicht bestätigen. Die 1999/45 EG, die so genannte Zubereitungsrichtlinie schreibt genau vor, welche Stoffe in kindergesicherten Verpackungen verpackt sein müssen. Wenn Sie sich im Handel umsehen, werden Sie auch bemerken, dass sehr viele Produkte die keine Kindersicherung erfordern, trotzdem in Verpackungen mit Sicherheitsverschlüssen angeboten werden. Die Abfüller zeigen sich in der Regel also verantwortungsbewusst. Entscheidend ist hierbei, dass zwischen Verpackungshersteller und dem Abfüller gefährlicher Haushaltschemikalien, Baubedarf und Automobilprodukten keine ausreichende Kommunikation stattfindet. Häufig ist auch der Stand des recht speziellen Wissens bei den Beteiligten nicht ausreichend. 

PackReport: Was bestimmt die Zubereitungsichtline bei der Nachhaltigkeit der Sicherheit von Verpackungen?

Dr. Antonischki: Die Richtlinie verlangt eindeutig eine nachhaltig sichere Verpackung in Artikel 9 1.1: „Die Werkstoffe der Verpackungen und der Verschlüsse dürfen nicht so beschaffen sein, dass sie vom Inhalt angegriffen werden oder mit diesem zu gefährlichen Verbindungen reagieren können.“ „Die Verpackungen und die Verschlüsse müssen in allen Teilen so fest und stark sein, dass sie sich nicht lockern und allen bei der Handhabung auftretenden Belastungen und Verformungen zuverlässig standhalten.“ „Behälter mit Verschlüssen, die nach Öffnung erneut verwendbar sind, müssen so beschaffen sein, dass die Verpackung mehrfach neu verschlossen werden kann, ohne dass der Inhalt entweichen kann.“ Und weiter in § 9 1.3: „Behälter, die bestimmte, dem Anhang IV unterfallende Zubereitungen, die im Einzelhandel angeboten werden bzw. für jedermann erhältlich sind, enthalten, -mit kindergesicherten Verschlüssen versehen sind… Die Vorrichtungen müssen den technischen Anforderungen von Anhang IX Teile A und B der Richtlinie 67/ 548/ EWG entsprechen.“Diese Textstellen verlangen eindeutig nachhaltig kindergesicherte Verpackungen. 

PackReport: Wie steht es mit den Normen?

Dr. Antonischki: Auch die Normen für kindergesicherte Verpackungen, wie die ISO 8317 oder die identische DIN EN 28317 regeln die Art und Weise der Prüfungen zur Konformitätsbestätigung genau. Allerdings zeigt die Norm an der für die entscheidende Stelle der Nachhaltigkeit der Kindersicherung eine Ungenauigkeit. Die Formulierung der Norm im Punkt 3.2 lautet: „Vor der Prüfung wieder verschließbarer kindergesicherter Verpackungen muss sich sowohl der Hersteller als auch der Befüller davon überzeugen, dass die Lebensdauer der kindergesicherten Verpackung die in der Praxis zu erwartende Höchstzahl der Öffnungs- und Schließvorgänge überschreitet, ohne dass die Kindersicherheit in untragbarer Weise beeinträchtigt wird.“ (**) Die Formulierungen „zu erwartende Höchstzahl der Öffnungs-und Schließvorgänge“ sowie „untragbare Weise beeinträchtigt“ sind absolut nicht präzise genug, um einen formalen Test durchführen zu können. Wir im Institut VerpackungsMarktforschung versuchen, dieser Forderung der Norm trotzdem gerecht zu werden. Neben einer händischen Prüfung durch sehr erfahrene Fachleute, einer Berücksichtigung des Materials sowie der Konstruktion der Verpackung werden z. B. zusätzliche Öffnungen durchgeführt. Ja nach der Häufigkeit der Nutzung des Gebindes werden 20 bis 50 Öffnungen und Wiederverschlüsse exakt nach der Öffnungsanleitung vollzogen und anschließend die kindergesicherte Eigenschaft des Gebindes erneut geprüft. Da es sich allerdings um fabrikfrische Verschlüsse handelt, wie es die ISO 8317 vorschreibt, kann ein langfristiger Einfluss des Inhaltes im Institut in diesen Tests nicht erfolgen. Das führen wir in zusätzlichen Untersuchungen außerhalb des geregelten Bereichs auf Wunsch durch. 

Definitionen und Hinweise

Kindergesicherte Verpackung:
Verpackung mit Trickverschluss, der für Kleinkinder unter 52 Monaten schwer zu öffnen ist, Erwachsenen aber eine angemessene Benutzung ermöglicht. Bei den Prüfungen mit Kindern (zwischen einschließlich 42 bis 51 Monate) dürfen diese in zwei Prüfdurchgängen (ohne und mit Demonstration) max. 20% Öffnungen erzielen. Bei den Erwachsenen zwischen 50 und 70 Jahren sind nur unter 10% Fehlversuche erlaubt.
Trickverschluss:
Verschluss der nur durch mindestens zwei gleichzeitig auszuführende Bewegungen (z.B. Drücken und Drehen) geöffnet werden kann.
Normen für kindergesicherte Verpackungen:
. DIN EN ISO 28317 – 2004 (ISO 8317-2003), Norm über kindergesicherte wieder verschließbare
Verpackungen.
. DIN EN 862 – 2004 Norm über kindergesicherte nicht wieder verschließbare Verpackungen nicht pharmazeutischer Produkte.
. DIN EN 14375 – 2004 Norm über kindergesicherte nicht wieder verschließbare Verpackungen
Pharmazeutischer Produkte.
. Die Normentexte sind erhältlich beim Beuthverlag, Berlin, www.beuth.de/ .
. Prüfungen und Zertifizierungen von kindergesicherten Verpackungen dürfen nur von nach DIN EN 45011akkreditierten Instituten durchgeführt werden
www.dap.de 

PackReport: In diesem Zusammenhang taucht nun die entscheidende Frage auf: Wer ist denn verantwortlich dafür, dass die Richtlinien in der Frage der nachhaltigen Sicherheit eingehalten werden?

Dr. Antonischki: Die Richtlinie 1999/45 EG legt das eindeutig fest. Verantwortlich ist der Inverkehrbringer, also derjenige, der ein Produkt in den Handel bringt. Das ist ja auch nur logisch, denn nur der Abfüller kennt die Inhalte der Produkte genau. Der einfachste Weg um die Langzeitwirkung des Inhalts auf die Verpackung zu prüfen, besteht aus einem Versuch, in dem befüllte Verpackungen im Wärmeschrank Temperaturen zwischen 40 und 70 Grad über einige Tage oder gar Wochen ausgesetzt werden. Dadurch wird eine längere Lagerzeit simuliert. Schäden durch Inhaltsstoffe in der Verpackung lassen sich so ohne viel Aufwand gezielt feststellen. Auch der Verpackungshersteller ist verantwortlich, so z.B. für eine korrekte Zertifizierung von Verpackungen, die er als kindergesichert anbietet. Er hat darüber hinaus Sorgfalts- und Aufklärungspflichten gegenüber seinen Kunden über die Beeinflussbarkeit seiner Verpackungen durch bestimmte Inhalte. Weiter muss er sicher stellen, dass die Konstruktion des Trickverschlusses ausreichend stabil ist, um die Eigenschaft der Kindersicherheit über eine längere Nutzungsdauer zu erhalten. Aus diesen unterschiedlichen Verantworlichkeiten ist eine frühzeitige Zusammenarbeit und gemeinsame Kontrolle durch den Zertifizierer, Verpackungshersteller und Abfüller empfehlenswert.

EU-Richtlinien
Richtlinie 67/548 EWG Anhang IX (Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe)
Richtlinie 1999/45/EG (Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Zubereitungen) Zubereitungsrichtlinie, in England unter „CHIP III“ bekannt.
Nachzulesen unter www.europa.eu.int/eur-lex/. oder www.ivm-childsafe.de/ Gesetze EU-Richtlinien

PackReport: Was würden Sie als Zertifizierer von kindergesicherten Verpackungen als Lösung vorschlagen?

Dr. Antonischki: Eine größere Sicherheit brächte zunächst eine Präzisierung der Nachhaltigkeit im Rahmen der Normen. So könnte z.B. eine eigenständige ergänzende Norm sehr hilfreich sein. In dieser sollten einige Produktarten, die besonders aggressiv auf Kunststoffe wirken und die Nachhaltigkeit von Kindersicherungen außer Kraft setzten, definiert werden. Ferner müssen darin Tests festgelegt werden, mit denen die Chemikalienresistenz von Verpackungen neutral geprüft werden kann, z.B. Wärmeschrankversuche nach einheitlichen Regeln mit definierten Prüfstoffen. Das würde eine größere Produktsicherheit ergeben und die Haftungsfrage eindeutig regeln. Solange kein normiertes Prüfverfahren existiert, bleibt nur eine enge Abstimmung aller Beteiligten als Lösung.

PackReport: Danke für das Gespräch!

Mit Dr. Antonischki sprach Carlos Lange-Prollius,
Leitender Redakteur von PackReport

 

 

 

Schutz für ein ganzes Leben?

neue verpackung 10-2006

Kindersicherheit bei langer Nutzung | Tatort Baumarkt: Mit kritischem Blick betrachtet der
Mitarbeiter des Gewerbeaufsichtsamtes die Packungen im Regal. Wahllos entnimmt er einige
Gebinde. Ein kräftiger, aber nicht überstarker Dreh am Verschluss und die Packung ist offen. Zweiter Versuch mit einem neuen Gebinde, das Ergebnis bestätigt sich, der dritte bis achte Versuch ebenso.
_____________

Dr. Horst Antonischki Geschäftsführer des Institut VerpackungsMarktforschung GmbH,
Gifhorn (akkreditierte Zertifizierungsstelle), Autor des Fachbuches: Kindergesicherte und
seniorengerechte Verpackungen, Verlag Hüthig. (www.ivm-childsafe.de)1)


Der Marktleiter eilt herbei. Der Mann vom Gewerbeaufsichtsamt teilt ihm mit: „Packungen mit diesem Inhalt müssen laut Zubereitungsrichtlinie (1999/45/EG – Einstufung, sowie – 67/548/EWG, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe) in kindergesicherten Verpackungen in den Verkehr gebracht werden. Diese hier sind nicht kindersicher, sie lassen sich einfach aufdrehen. Die Ware muss sofort aus dem Regal entfernt werden.“ Aufregung, Verwirrung, Protest, Widerspruch. Nach einem Telefonat mit dem Abfüller sagt der Marktleiter: „ Die Packung ist ordnungsgemäß zertifiziert, hier die Urkunde eines renommierten Zertifizierungsinstituts“. Wortlos studiert der Mitarbeiter des Gewerbeaufsichtsamtes das Fax mit der Urkunde. In der Tat, alles ist korrekt. Ein Junge, etwa 10 Jahre alt kommt mit seiner Mutter vorbei. „Hallo, kannst Du mir mal helfen, mach doch mal die Flasche hier auf“, bittet der Herr vom Gewerbeaufsichtsamt.Tatsächlich schafft es der Junge, die Flasche in weniger als einer halben Minute zu öffnen. „Da, sehen Sie, selbst ein Kind kann die Packung öffnen. Die Ware muss sofort aus dem Regal.“ Nach dem Bericht des Marktleiters an den Abfüller beginnt das zweite Kapitel des Dramas. Der Abfüller wendet sich an den Verpackungshersteller, verlangt Aufklärung, droht mit Lieferantenwechsel und Schadensersatzansprüchen. Der Verpackungshersteller verweist auf das Zertifikat. Das Zertifizierungsinstitut verweist korrekt auf die Norm ISO 8317 2003 (deutsche Fassung EN DIN 8317 – 2004) und die dort festgelegte Prüfungsordnung. Während der Prüfungen wurden, wie die Norm es vorschreibt, für jede Prüfung eine frische Packung genommen, die mit einer Stichprobe direkt vom Schutz für ein ganzes Leben ? Verpackungshersteller kamen. Der Inhalt der Gebinde bestand aus Wasser. Die Ergebnisse der Prüfungen fanden in unterschiedlichen Kindergärten statt und wurden von mehreren Prüfern und Prüferinnen unabhängig voneinander durchgeführt. Das Ergebnis ist einwandfrei und bestätigt die Konformität der Packung mit der Norm. 

Packungsinhalt kann Verschluss beschädigen.

Die beanstandeten Packungen werden in einer gemeinsamen Sitzung von Abfüller, Verpacker und einem Experten des Zertifizierungsinstituts untersucht. Tatsächlich, die beanstandeten Packungen sind leicht zu öffnen. Der Widerstand der Sperrnocken ist gering. Man merkt aber auch schon vor den Öffnungsversuchen, dass mit den Verschlüssen etwas nicht stimmt. Sie wirken weich, wie aufgequollen. Der Inhalt der Packung hat den Verschluss teilweise zerstört. Im Vergleich dazu reagieren unbefüllte Packungen, auch Monate alte Referenzmuster, gut und lassen sich nur öffnen, wenn der Verschluss an den gekennzeichneten Stellen zusammengedrückt wird und gleichzeitig aufgedreht wird. Nun aber die im Raum stehenden Fragen und die Antworten darauf im Detail: Zunächst die Norm. Ohne Zertifizierung durch ein akkreditiertes Zertifizierungsinstitut darf ein Verschluss und ein dazugehöriger Behälter grundsätzlich nicht für gefährliche Güter eingesetzt werden, für die ein kindergesicherter Verschluss vorgeschrieben ist. Das Zertifikat ist Grundlage aller weiteren Schritte. Die ISO 8317– 2003 (EN DIN 8317 – 2004) schreibt zu der Frage der Nachhaltigkeit der Kindersicherheit im Punkt (Zitat) vor: „3.2 Zu prüfende Verpackungen: Vor der Prüfung wieder verschließbarer kindergesicherter Verpackungen muss sich sowohl der Hersteller als auch der Befüller davon überzeugen, dass die Lebensdauer der kindergesicherten Verpackung die in der Praxis zu erwartende Höchstzahl der Öffnungs- und Schließvorgänge überschreitet, ohne dass die Kindersicherheit in untragbarer Weise beeinträchtigt wird.“ Beide sind also verantwortlich. Allerdings in unterschiedlicher Weise. In erster Linie ist der Inverkehrbringer – also vor dem Verpackungshersteller – in der Verantwortung. Das legt die Zubereitungsrichtlinie vom 31.5.1999 in Punkt 12, Zeile 10 ff. des Vorwortes fest: Einleitung Punkt 12: „Dieses Zulassungsverfahren muss sich außerdem auf eine besondere Kontrolle der Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung jedes Produkts vor seinem Inverkehrbringen erstrecken.“ Weiter in Artikel 2 Punkt e: „Inverkehrbringen: die Bereitstellung für Dritte. Die Einfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft ist als ein Inverkehrbringen im Sinne dieser Richtlinie zu betrachten: Weiter in Artikel 9 Punkt 1.1: „Zubereitungen nach Artikel 1 Absatz 2 und dem Anhang IV unterfallende Zubereitungen nach Artikel 1 Absatz 3 nur in den Verkehr gebracht werden können, wenn ihre Verpackung den nachstehenden Anforderungen entspricht: „Die Verpackungen müssen so hergestellt und beschaffen sein, dass der Inhalt nicht entweichen kann; dies gilt nicht, wenn besondere Sicherheitsvorrichtungen vorgeschrieben sind.“ 

Für Sie entscheidend
Recht
Die Kindersicherheit bezieht sich auf die Altersgruppe zwischen 42 und 51 Monaten. Sowohl Hersteller der Verpackung wie Abfüller müssen sich davon überzeugen, dass die Lebensdauer der kindergesicherten Verpackung die Höchstzahl der Öffnungs- und Schließvorgänge überschreitet, ohne dass die Kindersicherheit beeinträchtigt wird. Allerdings ist der Inverkehrbringer vor dem Verpackungshersteller verantwortlich. Weiter dürfen die Werkstoffe der Verpackungen und der Verschlüsse nicht so beschaffen sein, dass sie vom Inhalt angegriffen werden.


„Die Werkstoffe der Verpackungen und der Verschlüsse dürfen nicht so beschaffen sein, dass sie vom Inhalt angegriffen werden oder mit diesem zu gefährlichen Verbindungen reagieren können.“ „ Die Verpackungen und die Verschlüsse müssen in allen Teilen so fest und stark sein, dass sie sich nicht lockern und allen bei der Handhabung auftretenden Belastungen und Verformungen zuverlässig standhalten.“ „Behälter mit Verschlüssen, die nach Öffnung erneut verwendbar sind, müssen so beschaffen sein, dass die Verpackung mehrfach neu verschlossen werden kann, ohne dass der Inhalt entweichen kann.“ ( Richtlinie 1999/45/EG des Europäischen Parlaments: www.europa.eu.int/eur-lex/). Soweit die gesetzlichen Grundlagen. Aber wie kann das sicher gestellt werden, wie läuft es in der Praxis, im Alltag? 

Um Streitereien und teure Rückholaktionen zu vermeiden, empfiehlt sich eine frühzeitige Zusammenarbeit zwischen Verpackungshersteller und Abfüller.

In Regel ist es doch so, dass nur der Abfüller die Inhalte kennt, die er abfüllt. Entsprechend ist er als Inverkehrbringer ja auch verantwortlich dafür, dass die Bestimmungen der Zubereitungsrichtlinie und der Norm eingehalten werden und die Inhalte die Verpackung nicht angreifen können. Dazu muss er z. B. auch Langzeitversuche durchführen (lassen), in denen die Packungen bis zu vier Wochen im Wärmeschrank bei Temperaturen von ca. 40 Grad lagern. Wenn die Verpackung danach noch einwandfrei funktioniert, kann man mit großer Sicherheit davon ausgehen, dass sich Inhalt und Verpackung auch langfristig vertragen. Dem Verpackungshersteller obliegt in diesem Sinn zweifelsohne eine Sorgfalts- und Aufklärungspflicht über die Beeinflussbarkeit seiner Verpackungen durch bestimmte Inhalte. Weiter muss er sicher stellen, dass die Konstruktion des Trickverschlusses ausreichend stabil ist, um die Eigenschaft der Kindersicherheit längere Zeit zu erhalten. Ebenso ist es Pflicht des Verpackungsherstellers, dafür zu sorgen, dass die Verschlüsse und Behälter mit genau den Einstellungen der Maschinen gefertigt werden, die der Zertifizierung nach ISO 8317 zugrunde lagen. Das ist notwendig, da wegen der geringen Maße vieler Verschlüsse schon eine Veränderung von wenigen Zehntel Millimetern genügt, um die kindergesicherte Eigenschaft der Verpackung in Frage zu stellen. Nachgewiesen werden kann die Nachhaltigkeit im Zweifelsfall durch die Protokolle der Qualitätssicherung. 

Prüfungen auf Chemikalienresistenz 

Natürlich können Prüfungen auf Chemikalienresistenz auch beim Verpackungshersteller geschehen, wobei dann sinnvoller Weise verschiedene Materialien der Verpackung mit verschieden Füllgütern getestet werden, um eine akzeptable Lösung zu finden. So sind bekanntlich Verschlüsse aus weichem Niederdruckpolyethylen bei verschiedenen Stoffen sehr empfindlich. Verschlüsse aus härterem Hochdruckpolyethylen sind zwar widerstandsfähiger, aber Öle, Treibstoffe und organische Lösungsmittel oder deren Ausdünstungen, können den Kunststoff angreifen. Beim Kontakt mit einigen dieser Substanzen neigt PE je nach Dichtegrad dazu, aufzuquellen. Dabei kann es unter Belastung zu Spannungskorrosion kommen. Hartpolyethylen und noch mehr Polypropylen hingegen sind härter und wesentlich resistenter gegen Chemikalien. Auf jeden Fall besteht für den Verpackungshersteller eine eindeutige Aufklärungspflicht gegenüber den Kunden, zum Beispiel durch entsprechende Hinweise in den Verkaufsunterlagen, Prospekten usw. Da die Preise der Kunststoffe unterschiedlich sind und auch mangelnde Detailinformation über das Verhalten der Kunststoffe möglich ist, kann es geschehen, dass ein preisgünstiger, aber nicht resistenter Kunststoff den Vorzug erhält. Dadurch wäre die Kindersicherheit auf Dauer nicht gewährleistet. Um Streitereien und teure Rückholaktionen zu vermeiden, empfiehlt sich eine frühzeitige Zusammenarbeit zwischen Verpackungshersteller und Abfüller. Denn: Die Norm ISO 8317 bleibt hier leider unbestimmt. Auch das Zertifizierungsinstitut prüft, ob das zu zertifizierende Gebinde eine Langzeitsicherheit bietet. Allerdings kann dies wegen der fehlenden Präzision der Normenbestimmung nur außerhalb des geregelten Bereichs (der eigentlichen Zertifizierung) geschehen. Neben einer händischen Prüfung durch sehr erfahrene Fachleute, einer Berücksichtigung des Materials sowie der Konstruktion werden
z. B. im Institut VerpackungsMarktforschung in Braunschweig zusätzliche Öffnungen durchgeführt. Ja nach der Häufigkeit der Nutzung des Gebindes werden 20 bis 50 Öffnungen und Wiederverschlüsse exakt nach der Öffnungsanleitung vollzogen und anschließend die kindergesicherte Eigenschaft des Gebindes erneut geprüft.

Da es sich allerdings um fabrikfrische Verschlüsse handelt, wie es die ISO 8317 vorschreibt, kann ein langfristiger Einfluss des Inhaltes im Institut in diesen Tests nicht erfolgen. Hierfür stehen andere Möglichkeiten offen. Darüber hinaus werden einige Packungen mit (leichter) Kraft geöffnet, um zu prüfen, wie widerstandsfähig die Packung gegen gewaltsames Öffnen ist. Alles zusammen fließt in die Beurteilung des Verschlusses ein. Die Dokumentation erfolgt entsprechend der Norm im nicht geregelten Teil des Gutachtens. Bei kritischem Verhalten der Packung wird der Hersteller informiert und Nachbesserungen eingefordert. Dies dient dazu, es dem Verpackungshersteller zu ermöglichen, der Forderung der Norm gerecht zu werden („…(sich) davon überzeugen, dass die Lebensdauer der kindergesicherten Verpackung die in der Praxis zu erwartende Höchstzahl der Öffnungs- und Schließvorgänge überschreitet, ohne dass die Kindersicherheit in untragbarer Weise beeinträchtigt wird.“ (ISO 8317). Leider ist die Norm auch in diesem Punkt nicht sehr konkret. Immerhin können analog zu den Grenzen einer erfolgreichen Prüfung, die in der Norm gestatteten (… bis zu ) 20% Öffnungen vor und nach Demonstration als Vergleich herangezogen werden. Eine weitere Frage drängt sich auf: Kann ein Mitarbeiter des Gewerbeaufsichtsamtes überhaupt feststellen, ob das Gebinde kindersicher ist oder nicht? Hierbei kommt es stark auf die Erfahrung an, denn ein Prüfen durch Aufdrehen, auch ein gewaltsames, kann nicht für die Bestätigung oder Ablehnung des Zertifikates herangezogen werden. Eine Konformität oder Nonkonformität ergibt sich nur aus den Normenprüfungen nach ISO. Allerdings kann jemand mit Erfahrung schon ein recht gutes Urteil beim Probieren abgeben, es handelt sich aber nicht um eine bindende Aussage. Wenn aber ein Verschluss z. B. durch Aufquellen zerstört ist, kann man das häufig auch ohne erneute Prüfung leicht feststellen. Er hat also grundsätzlich das Recht und die Pflicht zur Sperrung der Produkte im Verdachtsfall. 

Kindersicherheit nur für bestimmte Altersgruppe  

Die Kindersicherheit bezieht sich auf die Altersgruppe zwischen 42 und 51 Monaten. Auch wenn ein Teil der Kinder schon über erhebliche Kräfte verfügt, entspricht das in der Regel noch nicht der Kraft, die ältere Kinder aufbringen. Ein 10-jähriges Kind (unser Beispiel) verfügt in der Regel über genügend Kraft um den größten Teil der kindergesicherte Verpackungen öffnen zu können, zumindest aber um sie zerstören zu können. Die Altersgrenzen von 42 und 52 Monaten wurde gewählt, weil die meisten Unfälle mit Kleinkindern, an denen Verpackungen beteiligt sind, unter 5 Jahren alt ist, (vergleiche Grafik).Neben der Kindersicherheit muss eine zertifizierte Verpackung aber auch seniorengerecht sein. Die Prüfungen finden mit Personen zwischen 50 und 70 Jahren statt, 70% davon weiblich. Ein Verschluss darf daher nicht schwer zu öffnen sein, sondern mit „Trick“. Es handelt sich demnach häufig um Grenzfälle, wenn das Gebinde die kindersichere Eigenschaft durch Einfluss des Inhaltes verliert. Daher ist bei derartigen Reklamationen dem Verpackungshersteller ebenso wie dem Abfüller zu empfehlen, sofort eine normengerechte Prüfung der beanstandeten Packungen durch ein akkreditiertes Zertifizierungsinstitut durchführen zu lassen, zumindest als Teiltest. Das dient der exakten Feststellung des Status in Bezug auf die Normenkonformität und kann somit entscheidend für die Behandlung von Schadensersatzforderungen und/oder Haftpflichtschäden werden. Weiterhin ist eine sorgfältige Qualitätsprüfung und Dokumentation, hier der Abgleich der Öffnungskräfte der beanstandeten mit der zertifizierten Packung, notwendig. Vor allem aber geht es hier um Gesundheit und Leben kleiner Kinder. Daher ist eine kritische Betrachtung angebracht.

Sicherheit, die keine ist?

PackReport 10-2006

Interview zum Thema „Kindersichere Verpackungen" 

Europaweite Regelungen über die Art und Weise der richtigen Verpackung mit Schutz für Kinder liegen durch die EU Richtlinien seit langem vor. Trotzdem kommt es immer wieder zu Streitigkeiten und Prozessen, weil Verpackungen von Gewerbeaufsichtsämtern als nicht kindersicher aus den Regalen des Fachhandels verbannt werden. PackReport sprach mit dem Experten Dr. Horst Antonischki aus Gifhorn. 

PackReport: Wie kann es geschehen, dass trotz EU Richtlinien und Zertifikaten nach ISO bzw. DIN, kindergesicherte Verpackungen im Handel unter Umständen keine ausreichende Schutzfunktion mehr aufweisen?

Dr. Antonischki: Verpackungen für gefährliche Produkte durchlaufen eine ganze Reihe von Prüfungen, bevor sie für den Einsatz im Handel zugelassen werden. Für Prüfungen auf Dichtigkeit, Falltests usw., ebenso wie die Prüfungen auf Kindersicherheit werden aber praktisch immer die Verpackung ohne die Inhalte geprüft, die später in diese Gebinde abgefüllt werden. Daher ist es möglich, dass insbesondere Öle, Treibstoffe oder organische Lösungsmittel oder deren Ausdünstungen den Kunststoff der Verpackung langfristig angreifen. Beim Kontakt mit einigen dieser Substanzen neigt z.B. Polyethylen je nach Dichtegrad dazu, aufzuquellen. Da die Sicherungen an den Verpackungen gegen ungewolltes Öffnen durch Kleinkinder oft nur wenige Zehntel Millimeter stark sind, kann ein so veränderter Kunststoffverschluss seine Sicherheitsfunktion verlieren, obwohl alle Prüfungen erfolgreich absolviert wurden. Europaweite Regelungen über die Art und Weise der richtigen Verpackung mit Schutz für Kinder liegen durch die EU Richtlinien seit langem vor. Trotzdem kommt es immer wieder zu Streitigkeiten und Prozessen, weil Verpackungen von Gewerbeaufsichtsämtern als nicht kindersicher aus den Regalen des Fachhandels verbannt werden.

Für das Einhalten der Richtlinien in der Frage der nachhaltigen Sicherheit ist der Inverkehrbringer eines Produkts verantwortlich.

PackReport: Sind die Richtlinien und Normen also nicht wirksam genug?

Dr. Antonischki: Das kann ich so nicht bestätigen. Die 1999/45 EG, die so genannte Zubereitungsrichtlinie schreibt genau vor, welche Stoffe in kindergesicherten Verpackungen verpackt sein müssen. Wenn Sie sich im Handel umsehen, werden Sie auch bemerken, dass sehr viele Produkte die keine Kindersicherung erfordern, trotzdem in Verpackungen mit Sicherheitsverschlüssen angeboten werden. Die Abfüller zeigen sich in der Regel also verantwortungsbewusst. Entscheidend ist hierbei, dass zwischen Verpackungshersteller und dem Abfüller gefährlicher Haushaltschemikalien, Baubedarf und Automobilprodukten keine ausreichende Kommunikation stattfindet. Häufig ist auch der Stand des recht speziellen Wissens bei den Beteiligten nicht ausreichend. 

PackReport: Was bestimmt die Zubereitungsichtline bei der Nachhaltigkeit der Sicherheit von Verpackungen?

Dr. Antonischki: Die Richtlinie verlangt eindeutig eine nachhaltig sichere Verpackung in Artikel 9 1.1: „Die Werkstoffe der Verpackungen und der Verschlüsse dürfen nicht so beschaffen sein, dass sie vom Inhalt angegriffen werden oder mit diesem zu gefährlichen Verbindungen reagieren können.“ „Die Verpackungen und die Verschlüsse müssen in allen Teilen so fest und stark sein, dass sie sich nicht lockern und allen bei der Handhabung auftretenden Belastungen und Verformungen zuverlässig standhalten.“ „Behälter mit Verschlüssen, die nach Öffnung erneut verwendbar sind, müssen so beschaffen sein, dass die Verpackung mehrfach neu verschlossen werden kann, ohne dass der Inhalt entweichen kann.“ Und weiter in § 9 1.3: „Behälter, die bestimmte, dem Anhang IV unterfallende Zubereitungen, die im Einzelhandel angeboten werden bzw. für jedermann erhältlich sind, enthalten, -mit kindergesicherten Verschlüssen versehen sind… Die Vorrichtungen müssen den technischen Anforderungen von Anhang IX Teile A und B der Richtlinie 67/ 548/ EWG entsprechen.“Diese Textstellen verlangen eindeutig nachhaltig kindergesicherte Verpackungen. 

PackReport: Wie steht es mit den Normen?

Dr. Antonischki: Auch die Normen für kindergesicherte Verpackungen, wie die ISO 8317 oder die identische DIN EN 28317 regeln die Art und Weise der Prüfungen zur Konformitätsbestätigung genau. Allerdings zeigt die Norm an der für die entscheidende Stelle der Nachhaltigkeit der Kindersicherung eine Ungenauigkeit. Die Formulierung der Norm im Punkt 3.2 lautet: „Vor der Prüfung wieder verschließbarer kindergesicherter Verpackungen muss sich sowohl der Hersteller als auch der Befüller davon überzeugen, dass die Lebensdauer der kindergesicherten Verpackung die in der Praxis zu erwartende Höchstzahl der Öffnungs- und Schließvorgänge überschreitet, ohne dass die Kindersicherheit in untragbarer Weise beeinträchtigt wird.“ (**) Die Formulierungen „zu erwartende Höchstzahl der Öffnungs-und Schließvorgänge“ sowie „untragbare Weise beeinträchtigt“ sind absolut nicht präzise genug, um einen formalen Test durchführen zu können. Wir im Institut VerpackungsMarktforschung versuchen, dieser Forderung der Norm trotzdem gerecht zu werden. Neben einer händischen Prüfung durch sehr erfahrene Fachleute, einer Berücksichtigung des Materials sowie der Konstruktion der Verpackung werden z. B. zusätzliche Öffnungen durchgeführt. Ja nach der Häufigkeit der Nutzung des Gebindes werden 20 bis 50 Öffnungen und Wiederverschlüsse exakt nach der Öffnungsanleitung vollzogen und anschließend die kindergesicherte Eigenschaft des Gebindes erneut geprüft. Da es sich allerdings um fabrikfrische Verschlüsse handelt, wie es die ISO 8317 vorschreibt, kann ein langfristiger Einfluss des Inhaltes im Institut in diesen Tests nicht erfolgen. Das führen wir in zusätzlichen Untersuchungen außerhalb des geregelten Bereichs auf Wunsch durch. 

Definitionen und Hinweise

Kindergesicherte Verpackung:
Verpackung mit Trickverschluss, der für Kleinkinder unter 52 Monaten schwer zu öffnen ist, Erwachsenen aber eine angemessene Benutzung ermöglicht. Bei den Prüfungen mit Kindern (zwischen einschließlich 42 bis 51 Monate) dürfen diese in zwei Prüfdurchgängen (ohne und mit Demonstration) max. 20% Öffnungen erzielen. Bei den Erwachsenen zwischen 50 und 70 Jahren sind nur unter 10% Fehlversuche erlaubt.
Trickverschluss:
Verschluss der nur durch mindestens zwei gleichzeitig auszuführende Bewegungen (z.B. Drücken und Drehen) geöffnet werden kann.
Normen für kindergesicherte Verpackungen:
. DIN EN ISO 28317 – 2004 (ISO 8317-2003), Norm über kindergesicherte wieder verschließbare
Verpackungen.
. DIN EN 862 – 2004 Norm über kindergesicherte nicht wieder verschließbare Verpackungen nicht pharmazeutischer Produkte.
. DIN EN 14375 – 2004 Norm über kindergesicherte nicht wieder verschließbare Verpackungen
Pharmazeutischer Produkte.
. Die Normentexte sind erhältlich beim Beuthverlag, Berlin, www.beuth.de/ .
. Prüfungen und Zertifizierungen von kindergesicherten Verpackungen dürfen nur von nach DIN EN 45011akkreditierten Instituten durchgeführt werden
www.dap.de 

PackReport: In diesem Zusammenhang taucht nun die entscheidende Frage auf: Wer ist denn verantwortlich dafür, dass die Richtlinien in der Frage der nachhaltigen Sicherheit eingehalten werden?

Dr. Antonischki: Die Richtlinie 1999/45 EG legt das eindeutig fest. Verantwortlich ist der Inverkehrbringer, also derjenige, der ein Produkt in den Handel bringt. Das ist ja auch nur logisch, denn nur der Abfüller kennt die Inhalte der Produkte genau. Der einfachste Weg um die Langzeitwirkung des Inhalts auf die Verpackung zu prüfen, besteht aus einem Versuch, in dem befüllte Verpackungen im Wärmeschrank Temperaturen zwischen 40 und 70 Grad über einige Tage oder gar Wochen ausgesetzt werden. Dadurch wird eine längere Lagerzeit simuliert. Schäden durch Inhaltsstoffe in der Verpackung lassen sich so ohne viel Aufwand gezielt feststellen. Auch der Verpackungshersteller ist verantwortlich, so z.B. für eine korrekte Zertifizierung von Verpackungen, die er als kindergesichert anbietet. Er hat darüber hinaus Sorgfalts- und Aufklärungspflichten gegenüber seinen Kunden über die Beeinflussbarkeit seiner Verpackungen durch bestimmte Inhalte. Weiter muss er sicher stellen, dass die Konstruktion des Trickverschlusses ausreichend stabil ist, um die Eigenschaft der Kindersicherheit über eine längere Nutzungsdauer zu erhalten. Aus diesen unterschiedlichen Verantworlichkeiten ist eine frühzeitige Zusammenarbeit und gemeinsame Kontrolle durch den Zertifizierer, Verpackungshersteller und Abfüller empfehlenswert.

EU-Richtlinien
Richtlinie 67/548 EWG Anhang IX (Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe)
Richtlinie 1999/45/EG (Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Zubereitungen) Zubereitungsrichtlinie, in England unter „CHIP III“ bekannt.
Nachzulesen unter www.europa.eu.int/eur-lex/. oder www.ivm-childsafe.de/ Gesetze EU-Richtlinien

PackReport: Was würden Sie als Zertifizierer von kindergesicherten Verpackungen als Lösung vorschlagen?

Dr. Antonischki: Eine größere Sicherheit brächte zunächst eine Präzisierung der Nachhaltigkeit im Rahmen der Normen. So könnte z.B. eine eigenständige ergänzende Norm sehr hilfreich sein. In dieser sollten einige Produktarten, die besonders aggressiv auf Kunststoffe wirken und die Nachhaltigkeit von Kindersicherungen außer Kraft setzten, definiert werden. Ferner müssen darin Tests festgelegt werden, mit denen die Chemikalienresistenz von Verpackungen neutral geprüft werden kann, z.B. Wärmeschrankversuche nach einheitlichen Regeln mit definierten Prüfstoffen. Das würde eine größere Produktsicherheit ergeben und die Haftungsfrage eindeutig regeln. Solange kein normiertes Prüfverfahren existiert, bleibt nur eine enge Abstimmung aller Beteiligten als Lösung.

PackReport: Danke für das Gespräch!

Mit Dr. Antonischki sprach Carlos Lange-Prollius,
Leitender Redakteur von PackReport